1.      Ablauf des Insolvenzverfahrens

 

Die InsO löste am 01.01.1999 die Konkursordnung ab. Ihr Sinn liegt darin, die Gläubiger eines Schuldners, der seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, gleichmäßig zu befriedigen. Die Einzelzwangsvollstreckung ist während des Verfahrens nicht möglich. Die folgende Skizze gibt einen Überblick über den Ablauf des Verfahrens und die einzelnen Verfahrensschritte: Antrag, Eröffnungsbeschluss, Vermögensverwaltung, Abschluss des Verfahrens, Wiederaufleben der Schuldnerhaftung und evtl. Restschuldbefreiung.

 

2. Antrag  des Insolvenzverfahrens

Voraussetzungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind:

Insolvenzfähigkeit

 

Insolvenzgrund
a) Zahlungsunfähigkeit
b) drohende Zahlungsunfähigkeit
c) Überschuldung einer jur. Person

 

Insolvenzantrag

 

RF: Auskunftspflicht des Schuldners

 

RF: Anordnung von Sicherungsmaßnahmen

 

Ausreichende Masse oder Sicherheitsleistung

Bei fehlender Masse

RF: Eröffnung des Insolvenzverfahrens

RF: Ablehnung des Antrags auf 
Eröffnung des Verfahrens 

 

a) Insolvenzfähigkeit

Die Insolvenz kann nur über das Vermögen einer insolvenzfähigen Person eröffnet werden. Insolvenzfähig sind gem. § 11 Abs. 1 InsO alle natürlichen und juristischen Personen sowie der nicht rechtsfähige Verein. Weiterhin kann die Insolvenz gem. § 11 Abs. 2 InsO über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit und unter bestimmten Bedingungen über einen Nachlass und einer Gütergemeinschaft, die von beiden Ehegatten gemeinsam verwaltet wird, eröffnet werden.

Nicht insolvenzfähig sind gem. § 12 InsO der Bund und die Länder sowie juristischen Personen des öffentlichen Rechts, denen die Insolvenzfähigkeit durch Landesrecht abgesprochen wurde (z. B. Gemeinden).

 

 

b) Insolvenzgrund

Es muss weiterhin ein Insolvenzgrund bestehen. Hier kommen drei Gründe in Frage:

(1) Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO):  Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn eine Person ihre fälligen Zahlungspflichten nicht mehr erfüllen kann. Das ist im Zweifel dann der Fall, wenn die Person, über die das Insolvenzverfahren eröffnet werden soll, ihre Zahlungen eingestellt hat.

(2) Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO): Auch die drohende Zahlungsunfähigkeit ist Insolvenzgrund. Sie liegt dann vor, wenn die Person voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, bestehende Forderungen im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu begleichen.

(3) Überschuldung juristischer Personen (§ 19 InsO): Bei juristischen Personen ist neben diesen beiden Gründen  noch die Überschuldung Insolvenzgrund. Sie liegt vor, wenn die Schulden das Vermögen des Schuldners überschreiten. Dies gilt auch für die GmbH & Co KG (§ 19 Abs. 3 InsO).

c) Insolvenzantrag

 

aa) Antragsberechtigung

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss beantragt werden. Das Insolvenzgericht wird nicht von sich aus tätig. Antragsberechtigt sind gem. §13 InsO die Person, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet werden soll, und ihre Gläubiger.

Soweit eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit betroffen ist, haben der Vorstand, alle persönlich haftenden Gesellschafter sowie jeder Abwickler ein Antragsrecht.

 

bb) Besondere Voraussetzungen

Nicht jeder kann problemlos gegen jedermann einen Insolvenzantrag stellen. Nur die Person selbst, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet werden soll, kann jederzeit einen wirksamen Antrag auf Grund aller drei Insolvenzgründe stellen.

Der Vertreter einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kann aus allen Insolvenzgründen Insolvenzantrag stellen. Allerdings muss er, wenn nicht alle persönlich haftenden Gesellschafter oder der ganze Vorstand den Antrag gemeinsam stellen, gem. § 15 Abs. 2 InsO diesen Grund glaubhaft machen.

Ein Gläubiger schließlich kann nur wegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen. Allerdings muss er besondere Voraussetzungen erfüllen:

 d) Rechtsfolgen nach zulässiger Antragstellung

aa) Auskunftspflicht des Schuldners im Vorverfahren.

Wenn der Insolvenzantrag gestellt ist, kann das Gericht Anordnungen treffen, um sich Gewissheit über das Vermögen des Schuldners zu verschaffen (§ 20 InsO). Der Schuldner muss dem Gericht gem. §§ 20, 97 InsO Auskunft über sein Vermögen geben. Er muss dabei sogar diejenigen Tatsachen aufdecken, auf Grund derer er in ein Strafverfahren verwickelt werden könnte.

Das Gericht kann nach §§ 20, 98 I InsO anordnen, dass der Schuldner seine Ausführungen an Eides Statt versichert.

Es kann ihn in Haft nehmen, wenn er seinen Pflichten nicht nachkommt oder Gefahr besteht, dass er sein Vermögen beiseite schafft.

 

bb) Anordnung von Sicherungsmaßnahmen

Das Insolvenzgericht kann Maßnahmen nach § 21 InsO treffen, um das Vermögen des Schuldners für die Gläubiger zu sichern:

 

e) Ausreichende Insolvenzmasse

Das Insolvenzgericht darf das Insolvenzverfahren nur eröffnen, wenn das Vermögen des Schuldners zumindest die Kosten für das Insolvenzerfahren deckt (§ 26 InsO). Die Abweisung mangels Masse kann von jedermann verhindert werden, wenn er einen entsprechenden Betrag an das Gericht vorschießt.

 

3. Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 27 ff. Ins0)

a) Inhalt des Eröffnungsbeschlusses

Der Eröffnungsbeschluss hat folgenden Inhalt:

b) Rechtsfolgen des Eröffnungsbeschlusses

Der Eröffnungsbeschluss hat wichtige Rechtsfolgen:

-->Das Vermögen des Schuldners wird in zwei Vermögensmassen getrennt. Die eine Masse ist das Vermögen des Schuldners, das nicht der Insolvenz unterliegt. Dies sind im wesentlichen die unpfändbaren Sachen nach § 8 Abs. 1 S.1 ZPO. Die andere Masse ist das Vermögen, mit dem die Forderungen der Gläubiger beglichen werden sollen.

-->Gem. § 80 InsO geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Schuldners über sein Vermögen an den Insolvenzverwalter über.

-->Eine Leistung an den Schuldner hat nach § 82 InsO nur dann befreiende Wirkung, wenn der Schuldner nichts von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wusste.

--> Die (Einzel-) Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners wird nach § 89 InsO unmöglich.

Gleichzeitig kann das Gericht mit dem Eröffnungsbeschluss gem. § 97 InsO dem Schuldner aufgeben, über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Dies gilt sogar dann, wenn sich der Schuldner damit der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzt.

Zusätzlich besteht gem. § 99 InsO die Möglichkeit, eine Postsperre anzuordnen, um aus den Briefen an den Schuldner Kenntnis über mögliche weitere Vermögensbestandteile zu erlangen.

 

4. Vermögensverwaltung

Zur Vermögensverwaltung siehe die gesonderte Darstellung:

(1)   Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts auf den Insolvenzverwalter

(2)   Zahlungen des Schuldners des Insolventen

(3)   Insolvenzanfechtung (§§ 130-146 InsO)

(4)   Anmeldung und Prüfung der Forderungen

(5)   Befriedigung der Gläubiger

(6)   Aussonderungsrechte (§§ 47 f. InsO)

(7)   Absonderungsrechte (§§ 49 ff. InsO)

(8)   Masseverbindlichkeiten (§§ 53 ff.)

(9)   Insolvenzgläubiger (§§ 187 ff. InsO)

darunter: Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO)

(10) Stellung der Neugläubiger

 

 

 

5. Wiederaufleben der persönlichen Schuldnerhaftung

Nachdem die letzten Verteilungen der Insolvenzmasse abgeschlossen sind, wird das Insolvenzverfahren mit einem Beschluss nach § 200 Abs. 1 InsO beendet.

Mit der Beendigung kann der Schuldner gem. §§ 215 Abs. 2 S. 1, 80 InsO wieder frei über sein Vermögen verfügen. Allerdings können seine Gläubiger gem. § 201 Abs. 2 InsO auch wieder gegen ihn die Einzelvollstreckung betreiben.

 

6. Restschuldbefreiung (§§ 286-303 InsO)

Für natürliche Personen (vergl. § 286 InsO) besteht die Möglichkeit, die persönliche Haftung nach Abschluss des Verfahrens dadurch zu vermeiden, dass sie beim Gericht erfolgreich die Restschuldbefreiung beantragen. Dies ist nur dann möglich, wenn der Antrag auf Eröffnung nicht mangels Masse abgelehnt wird.

a) Beginn des Restschuldbefreiungsverfahrens

Dies muss gem. § 287 Abs. 1 S. 1 InsO beim Insolvenzgericht beantragt werden. Diesem Antrag ist eine Erklärung gem. § 287 Abs. 2 InsO beizufügen, gemäß der der Schuldner seine pfändbaren Einkünfte für die Zeit von 7 Jahren an seine Gläubiger abtritt.

Diese Erklärung und der Antrag auf Befreiung werden im Abschlusstermin den Gläubigern zur Stellungnahme vorgelegt. Die Insolvenzgläubiger können die Restschuldbefreiung nur ablehnen, wenn ein Versagungsgrund gem. § 290 InsO vorliegt, insbesondere also der Schuldner in besonders verwerflicher Weise seine Gläubiger benachteiligt hat. Sofern kein solcher Ablehnungsgrund vorliegt, beschließt das Gericht, dass dem Schuldner bei Erfüllung seiner Pflichten nach Ablauf der sieben Jahre die Befreiung von seinen restlichen Schulden erteilt werden wird. Der Schuldner muss von nun an seine pfändbaren Einkünfte an einen vom Gericht bestellten Treuhänder überweisen, der das Geld dann an die Gläubiger ausschüttet.

b)Wohlverhalten

In den sieben Jahren, für die der Schuldner seine pfändbaren Einkünfte an den Treuhänder zahlt, muss er regelmäßige Einblicke in sein Vermögen erlauben, soweit möglich eine zumutbare Arbeit ausüben und neben Bezügen und Gehältern auch sonstige Zahlungen (z. B. Erbschaften etc.) an den Treuhänder abführen.

c)Restschuldbefreiung

Nach Ablauf der sieben Jahre erteilt das Gericht dem Schuldner durch Beschluss Befreiung von allen Forderungen der Insolvenzgläubiger. Die Gläubiger haben die Möglichkeit, die Restschuldbefreiung bei Vorliegen eines Versagungsgrundes gem. § 300 II InsO durch einen Antrag zu verhindern.

 

 

7. Sonderform des Insolvenzverfahrens: Eigenverwaltung

a) Voraussetzungen der Eigenverwaltung

Das Gericht kann die Eigenverwaltung der Insolvenzmasse anordnen, wenn

(1) der Schuldner eine juristische Person oder eine natürliche Person mit erheblicher wirtschaftlicher Tätigkeit (z. B. ein Kaufmann) ist (arg. e. c. §§ 304, 312 InsO);

(2) der Schuldner die Eigenverantwortung beantragt hat und zu erwarten ist, dass dadurch keine Verzögerung des Verfahrens oder sonstige Gläubigernachteile zu erwarten sind (§ 270 InsO).

b) Rechtsfolgen:

- Der Schuldner behält die Verwaltungs- und Verfügungsgewalt über sein Vermögen.

- Es wird vom Gericht kein Insolvenzverwalter, sondern ein Sachwalter bestellt. Dieser Sachwalter wird dem Schuldner nur als eine Art Aufsicht zur Seite gestellt. Dies führt dazu, dass der Schuldner gem. § 275 Abs. 1 S. 2 InsO normale Geschäfte allein abwickeln kann, wenn nicht der Sachwalter wiederspricht. Nur für darüber hinausgehende Geschäfte soll er nach § 275 Abs. 1 S. 1 InsO die Zustimmung des Sachwalters einholen.

- Die Insolvenzeröffnung wird nicht im Grundbuch eingetragen (§ 270 Abs. 3 S. 2 InsO).

- Der Schuldner entscheidet über die Erfüllung von gegenseitigen Verträgen (§ 279 InsO).

- Er verwertet das Sicherungsgut von Absonderungsberechtigten selbst (282 InsO).

- Er kann im Feststellungsverfahren die Feststellung von Forderungen durch eigenen Widerspruch verhindern (§ 283 InsO).

- Er verteilt das Vermögen selbst (§ 283 Abs. 2 InsO).

 

8. Sonderform des Insolvenzverfahrens:

Vereinfachtes Insolvenzverfahren (Verbraucherinsolvenz, §§ 304-314 InsO)

Die Verbraucherinsolvenz soll im Zuge der zunehmenden Verschuldung von Privathaushalten auch solchen Personen, die keine eigenen Geschäfte betreiben, eine Insolvenz und eine Entschuldung ermöglichen. Der normale Ablauf wird etwas vereinfacht und die Schuldenbefreiung tritt als Ziel mit in den Vordergrund.

Insbesondere weist die Verbraucherinsolvenz folgende Besonderheiten gegenüber dem normalen Verfahren auf:

 

 

a) Personenkreis

Die Verbraucherinsolvenz ist gem. § 304 InsO nur für solche Personen, die keine oder keine nennenswerte selbständige Tätigkeit ausüben, zulässig.

b) Vergleichsverfahren

aa) Vorgerichtliche Einigungsversuche
Der Schuldner muss, wenn er den Antrag stellt, vor Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens gem. 305 InsO versucht haben, sich mit seinen Gläubigern über eine außergerichtliche Schuldenbereinigung geeinigt zu haben. Sofern ein Gläubiger den Insolvenzantrag stellt, muss das Gericht dem Schuldner ermöglichen, selbst einen Antrag auf eine Verbraucherinsolvenz zu stellen.

bb) Ablauf des Verfahrens
Mit dem Antrag des Schuldners muss beim Insolvenzgericht eine Aufstellung des Vermögens, der Einkünfte und der Schulden des Schuldners eingehen. Außerdem muss der Schuldner einen Plan vorschlagen, nach dem er seine Gläubiger befriedigen will. Denkbar ist bei Sozialhilfeempfängern ohne pfändbares Vermögen sogar ein sog. Nullplan, in dem der Schuldner keine Tilgung anbietet.

Das Insolvenzgericht sendet diese Pläne an die benannten Gläubiger. Diese können den Plan ausdrücklich oder durch Schweigen gem. § 308 I 1 InsO annehmen. Wenn alle Gläubiger zustimmen, ist der Plan angenommen und gilt als Vergleich zwischen den Parteien. Mit Erfüllung des Plans wird der Schuldner von den im Plan aufgeführten Schulden frei.

Soweit die Gläubiger nicht zustimmen, kann das Insolvenzgericht unter bestimmten Bedingungen gem. § 309 InsO die Zustimmung einzelner Gläubiger durch Beschluss ersetzen.

Besteht diese Möglichkeit nicht, so kann versucht werden, den Plan zu modifizieren, bis alle Parteien zustimmen.

c) Verfahrenserleichterungen bei der Verbraucherinsolvenz

Kann keine Übereinstimmung erzielt werden, kommt es gem. § 311 InsO zu einem echten Insolvenzverfahren, bei dem das Verfahren jedoch etwas erleichtert wird. Gem. § 312 InsO kann das Verfahren schriftlich durchgeführt werden, eine Gläubigerversammlung ist entbehrlich, und gem. § 313 InsO wird statt eines Insolvenzverwalters lediglich ein Treuhänder bestellt. Einzelne Rechte des Insolvenzverwalters stehen nicht dem Treuhänder, sondern den Gläubigern zu. Außerdem erlaubt § 314 InsO Vereinfachungen bei der Verteilung.

Nach Abschluss der Verbraucherinsolvenz ist eine Restschuldbefreiung möglich (7 Jahre Wohlverhalten und Ablieferung aller pfändungsfreien Einkünfte in dieser Zeit).

d) Kosten

Eine wichtige Schranke der Verbraucherinsolvenz sind die Kosten. Wenn sie dem Schuldner aufgeladen werden, wird er keinen Antrag stellen.