Art. 2 I GG – Allgemeine Handlungsfreiheit

 

Übersicht Art. 2 GG:

 

1.   Schutzbereich

      a)   personell

            „Jedermann“

 

      b)   sachlich

Die Handlungsfreiheit wird in umfassenden Sinn geschützt, ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Beeinträchtigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt.

BVerfGE 80, 137 – Reiten im Walde

 

Geschützt wird somit jedes menschliche Verhalten iSe Tun und Unterlassens oder vor Belastungen mit Nachteilen wie etwa Zahlungspflichten oder Abgaben. Ebenfalls geschützt ist das Recht bzw die Rechtsmacht freier rechtsgeschäftlicher Gestaltung (die Vertragsfreiheit).

BVerfGE 65, 196 – Betriebliche Unterstützungskasse

 

Funktion als Auffanggrundrechts:

 

2.   Eingriffe

      a)   öffentlich-rechtlich

Die allgemeine Handlungsfreiheit wird aufgrund ihres weiten Schutzbereiches durch jede imperative Regelung der öffentlichen Gewalt beeinträchtigt, sei es durch die Festlegung positiver oder negativer Pflichten.

 

      b)   privatrechtlich

Die allgemeine Handlungsfreiheit beeinflusst auch die Anwendung privatrechtlicher Vorschriften durch die Gerichte, da ihr insoweit Ausstrahlungswirkung zukommt.

Dies ist allerdings nur in besonders gravierenden Fällen bei struktureller Ungleichheit des einen Vertragsteils geboten, wenn der Inhalt des Vertrags für die eine Seite ungewöhnlich belastend ist und als Interessensausgleich offensichtlich unangemessen ist.

BVerfGE 89, 214 – Bürgschaft naher Angehöriger

 

      c)   Leistungsverweigerung

Leistungsverweigerung kann iSd Art 2 I GG bzgl der allgemeinen Handlungsfreiheit nicht als Grundrechtsbeeinträchtigung gesehen werden, weil insoweit kein Leistungsinhalt, sondern nur ein Freiheitsrecht gegeben ist.

 

3.   Rechtfertigung

      a)   Schrankentrias

            Übersicht:        

            aa)  verfassungsmäßige Ordnung

Unter verfassungsmäßiger Ordnung versteht man die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell verfassungsmäßig sind.

BVerfGE 6, 32 – Elfes

Die verfassungsmäßige Ordnung ist somit ein einfacher Gesetzes- bzw Rechtsvorbehalt.

 

            bb)  Rechte anderer

Das sind alle subjektiven Rechte. Da diese aber gesetzlich manifestiert sind wird das bereits durch die verfassungsmäßige Ordnung abgedeckt.

 

            cc)  Sittengesetz

Darunter sind die allgemeinen anerkannten Wertvorstellungen unserer Rechtsgemeinschaft zu verstehen.

BVerfGE 6, 389 – Homosexualität

Aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes und der dementsprechenden Durchnormierung aller Lebensbereiche spielt es aber keine Rolle mehr.

Vgl im Polizei- und Sicherheitsrecht den Streit um den Begriff der öffentlichen Ordnung im Zusammenhang mit „Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ Art. 2, 11 etc PAG und Art. 6 LStVG.

 

      b)   formelle Voraussetzungen

Das Gesetz muss formell rechtmäßig sein. Gewohnheitsrecht kommt nur in Betracht, wenn es vorkonstitutionell ist.

 

      c)   Verhältnismäßigkeit

Damit der materielle Gehalt der Handlungsfreiheit gewahrt wird muss jede Einschränkung verhältnismäßig sein.

 

      d)   Vereinbarkeit mit sonstigem Recht

            Die Norm darf nicht gegen eine andere Norm des GG verstoßen.

 

            Sonderprobleme

            Wirtschaftlicher Bereich:

 

            Zwangsmitgliedschaft: