Entscheidung des Gerichts, wenn der Kläger die "Hauptsache für erledigt"
erklärt und der Beklagte widerspricht


  1. Kostenbeschluß, § 91a ZPO

    Allerdings gilt § 91a ZPO nur im Fall der beiderseitigen Erledigungserklärungen von Kläger und Beklagten, nicht hingegen, wenn - wie hier - der Kläger zwar die Hauptsache für erledigt erklärt, der Beklagte aber widerspricht (= sog. einseitige Erledigungserklärung).
    Die einseitige Erledigungserklärung hat keine prozeßbeendende Wirkung, sondern führt - ganz im Gegenteil - zur Fortsetzung des Prozesses mit einem anderen Streitgegenstand.


  2. Endurteil, § 300 ZPO

    In Betracht kommt ein Feststellungsurteil gem. § 300 ZPO, in dem es die Erledigung der Hauptsache feststellt und dem Beklagten die Kosten auferlegt.

    1. Auslegung des Klagebegehrens

      Erklärt der Kläger die Hauptsache einseitig, dh gegen den Widerstand des Beklagten, für erledigt, so geht sein Klagebegehren nach heute hM dahin, festzustellen, daß sich die mit der ursprünglichen Klage geltend gemachte "Hauptsache" (Streit über den prozessualen Anspruch) tatsächlich erledigt hat. Dies ist als Änderung der ursprünglich erhobenen Leistungs- oder Feststellungsklage in eine Klage auf Feststellung der Hauptsacheer-klärung auszulegen (Klageänderungstheorie der hM).

      Nach Musielak ist die einseitige Erledigungserklärung als eine eigenständige Institution des Prozeßrechts aufzufassen. Ihr Inhalt besteht darin, daß eine prozessuale Erwirkungshandlung in der Form eines Antrags an das Gericht gerichtet wird, den Eintritt des Erledigungsereignisses festzustellen.

      Nach beiden Ansichten muß das Gericht prüfen, ob die Klage bis zum Eintritt des Erledigungsereignisses zulässig und begründet war, da sich nur eine (zunächst) zulässige und begründete Klage in der Hauptsache erledigen kann.

    2. Zulässigkeit der geänderten Feststellungsklage

      1. Zulässigkeit der Klageänderung:

        Nach hM ist der Übergang von der urspr Hauptsacheklage zur Klage auf Feststellung, daß sich die Hauptsacheklage erledigt hat, eine ohne weiteres zulässige Antragsbeschränkung iSd § 264 Nr.2 ZPO.

      2. Zulässigkeit der Feststellungsklage, § 256 I ZPO

        1. Rechtsverhältnis:

          Die Klage muß zunächst auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein.
          Rechtsverhältnis ist eine auf Tatsachen beruhende rechtliche Beziehung zwischen Personen (zB Vertragsverhältnis) oder zwischen Personen und Gegenständen (Rechtsstellung als Eigentümer einer Sache oder Inhaber einer Forderung).
          Kein Rechtsverhältnis ist eine bloße Tatsache bzw ein einzelnes Element oder eine Vorfrage zu einem Rechtsverhältnis, wie zB die Geschäftsfähigkeit oder das Verschulden.

        2. Feststellungsinteresse

          • Infolge Rechtsunsicherheit besteht die Gefahr von Nachteilen für eine Rechtsposition des Klägers

          • Das Feststellungsurteil ist geeignet, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen

          • Ein einfacherer bzw effektiverer Weg steht nicht zur Verfügung

            Die Feststellungsklage ist regelmäßig dann nicht zulässig, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Wichtige Fallgruppen, in denen das Feststellungsinteresse trotz Möglichkeit einer Leistungsklage bejaht wird:

            • Feststellungsklage wird zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung erhoben. Die unbezifferte Feststellungsklage unterbricht hier die Verjährung wegen des ganzen Anspruchs.

            • Der Beklagte (zB Behörde) läßt erwarten, daß er bereits auf Feststellungsurteil hin leisten wird.

            • Der Streitstoff kann durch die Feststellungsklage prozeßwirtschaftlicher erledigt werden, zB weil die Schadensentwicklung in einem SE-Prozeß noch nicht abgeschlossen ist und deshalb nach Erhebung einer bezifferten (Teil-) Leistungsklage, weitere (Teil-) Leistungsklagen zu erwarten wären.

      1. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen

        1. Sachliche Zuständigkeit

          Dabei muß nicht erörtert werden, in welchem Verhältnis der Streitwert der geänderten Feststellungsklage zur ursprünglichen Hauptsacheklage steht. Entscheidend ist allein der Streitwert der ursprünglichen Hauptsacheklage. Lag der Streitwert zB über 10.000 ,- DM, dann bleibt das Landgericht gem. § 261 III Nr.2 ZPO (perpetuatio fori) auch dann zuständig, wenn durch eine Antragsreduzierung nach Rechtshängigkeit der Streitwert unter die Grenze von 10.000 ,- DM fallen sollte.

        2. Örtliche Zuständigkeit

          Auch für die örtliche Zuständigkeit gilt § 261 III Nr.2 ZPO.
          Die negative FK ist das spiegelbildliche Gegenstück zur positiven LK.

        3. Postulationsfähigkeit

    1. Begründetheit der geänderten Feststellungsklage

      Die Feststellungsklage ist dann begründet, wenn die Hauptsache tatsächlich erledigt ist

      1. Ursprüngliche Klage bis zum (behaupteten) Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet.

      2. Tatsächlicher Eintritt des erledigenden Ereignisses, das die ursprüngliche (Hauptsache-) Klage nach Rechtshängigkeit gegenstandslos, dh unzulässig oder unbegründet gemacht hat.